Region

Das Gebiet zwischen Trier, Saarbrücken und Kaiserslautern liegt im Herzen Europas – landschaftlich schön, kulturell interessant. Die Nähe zu Frankreich, Luxemburg und Belgien spiegelt sich in einer starken internationalen Vernetzung wider, auch in Wissenschaft und Bildung. Viele innovative Firmen haben hier ihren Sitz – offen für Kooperationen mit den Hochschulen.

Unsere HAWs sind tief in diesem Raum verwurzelt. Zum Thema „Forschung für die Region“ stellt die htw saar ein Projekt zum Schutz gegen Starkregen und Hochwasser vor. Es soll Flutkatastrophen wie die im Ahrtal verhindern.

Guten Tag Professor Yörük. Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit zwischen Hochschule und regionalen Akteuren?

Als Hochschule für Angewandte Wissenschaften legen wir großen Wert darauf, regional verankerte Forschung zu betreiben, die auf die Bedürfnisse der Kommunen, Industrie und Bürger zugeschnitten ist. Wenn wir von regionaler Forschung sprechen, dann geht es darum, die Probleme der Menschen hier vor Ort zu lösen. Ein Beispiel ist die Entwicklung eines Leitfadens für Starkregengefahrenpläne im Saarland. Das war ein großes Pilotprojekt, bei dem wir zur Erstellung von Handlungsempfehlungen beigetragen haben, die heute allen Kommunen zur Verfügung stehen. Konkret haben wir Starkregenprozesse nach unterschiedlichen Ansätzen modelliert und diese Ergebnisse in praxisorientierte Lösungen übersetzt. Mit solchen Werkzeugen und Ergebnissen sollen schließlich bauliche Maßnahmen bis hin zur Anpassung der Landnutzung unterstützt werden. Was mich besonders freut ist, dass diese Arbeit auch überregional Beachtung findet und somit auch einen größeren Impact haben kann.

Haben Sie ein weiteres Beispiel?

Ja, wir haben viele Beispiele. Ein besonderes Thema ist die Bodenerosion. Durch Starkregen kann wertvoller Boden verloren gehen und dadurch gleichzeitig Schäden in Ortszentren entstehen. Das ist ein schwerwiegendes Problem. Wir reden hier von sehr fruchtbarem Boden, der einerseits dem Landwirt später zum Erreichen hoher Erträge fehlt, und andererseits oft in den Kellern oder auf den Straßen der Gemeinden landet. Hier müssen wir gegensteuern. Ein vielversprechender Ansatz sind Agroforstsysteme. Wenn wir beispielsweise auf landwirtschaftlich genutzten Flächen gezielt und mit wenig Flächenverlust Baumreihen entlang von Hängen pflanzen, können wir den Boden stabilisieren, den Abfluss gezielt lenken und die Wasserinfiltration verbessern. Diese Systeme bieten zudem Schutz vor Winderosion und reduzieren durch den Schattenwurf der Bäume auch die Verdunstung. Wir betrachten zur Quantifizierung der Wirksamkeit dabei detailliert die physikalischen Prozesse. Hierzu haben betrachten wir ausgewählte Flächen, die wir mit Messsystemen bespickt haben. Auf diesen Pilotflächen messen wir beispielsweise, wie sich Agroforst auf die Wasserinfiltration auswirkt, und übernehmen diese Erkenntnisse in unsere Simulationsmodelle. Das Ziel mit diesen verbesserten Simulationsmodellen ist schließlich, für andere geplante Flächen eine optimale Nutzung von Agroforstsystemen modellgestützt zu erarbeiten. Wichtig ist, dass diese Lösungen praxisnah bleiben. Die Landwirte müssen ihre Flächen weiterhin bewirtschaften können, also dürfen wir keinen unnötigen Landverlust verursachen.

Überschwemmungen sind ja keine Einzelfälle mehr. Welche Rolle spielen hier Frühwarnsysteme?

Die Entwicklung von Frühwarnsystemen, die Überschwemmungsgefahren frühzeitig vorhersagen können, sind ein weiterer Schwerpunkt unserer Forschung. Der Grund ist, dass es einen hundertprozentigen Schutz vor Überschwemmungen nie geben wird. Man muss da realistisch sein und sämtliche Schutzmaßnahmen wirtschaftlich betrachten. Somit bleibt stets ein Restrisiko einer möglichen Überflutung. Was wir daher machen können bzw. müssen, ist, die Menschen rechtzeitig zu warnen, um Personenschäden zu vermeiden. Hierzu erarbeiten wir derzeit ein Frühwarnsystem vor Starkregen und Flusshochwasser. Unsere Frühwarnsysteme kombinieren hierzu Wetterdaten des Deutschen Wetterdienstes sowie aus eigenen Messstationen mit präzisen Modellen, um die Folgen beispielsweise infolge eines vorhergesagten Starkregens in Überflutungsflächen aufzuzeigen. Wir sagen damit nicht nur, dass es morgen 50 Millimeter regnen wird, sondern zeigen den Kommunen und Bürgern: Hier und dort steht morgen so hoch das Wasser. Solche Systeme sind bereits modular in Gemeinden wie Eppelborn im Einsatz, wo Wetterdaten kontinuierlich analysiert und in Modelle integriert werden. Zukünftig könnten diese Warnungen auch durch sichtbare Maßnahmen ergänzt werden: Stellen Sie sich vor, wir hätten an gefährdeten Stellen LED-Anzeigen, die in Echtzeit warnen, oder eine App, die jeden individuell informiert. So könnte jeder rechtzeitig Eigenvorsorge treffen.

Wissenschaftliche Prognosen sind ja nicht immer bequem. Wie schaffen Sie Akzeptanz für Ihre Erkenntnisse?

Die Vermittlung von Forschungsergebnissen ist eine Herausforderung, ganz besonders wenn wissenschaftliche Modelle auf Skepsis stoßen. Wir als Wissenschaftler haben oft das Problem, dass wir im Elfenbeinturm wahrgenommen werden. Deshalb ist es mir wichtig, die Menschen direkt einzubinden und Themen zu belegen, die den Bürger interessieren. Bei Projekten wie Hochwasserschutzmaßnahmen gibt es Bürgerforen und Arbeitsgruppen, in denen verschiedene Interessensgruppen – von Landwirten bis zu Behörden – beteiligt sind. Da wird der aktuelle Stand der Planung präsentiert, Modelle bzw. deren Ergebnisse werden erklärt, und wir diskutieren, welche Lösungen für die jeweilige Region am besten passen. Entscheidend ist dabei, respektvoll und auf Augenhöhe zu kommunizieren: Man muss alle Beteiligten ernst nehmen und ihnen zeigen, dass ihre Perspektiven wichtig sind. Egal, wer einem gegenübersteht. Die Unabhängigkeit der Hochschule spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Wir machen das nicht, um den nächsten Auftrag zu gewinnen, sondern weil wir langfristig tragfähige Lösungen entwickeln wollen. Das bewirkt eine hohe Akzeptanz unserer Ergebnisse.

Bild: Florian Diener, htw saar

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Alpaslan Yörük

Professur für Wasserbau und Wasserwirtschaft

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